AMNESTY INTERNATIONAL
„Dies ist ein zutiefst zynischer Schritt, der darauf abzielt, die gesamte LGBTI-Gemeinschaft zu entmenschlichen und zu verfolgen. Angesichts des in Russland vorherrschenden Klimas zügelloser staatlich geförderter Homophobie kommt dies leider nicht überraschend.
Wenn dieses Gesetz in Kraft tritt, wäre jede LGBTI-Person in Russland der Willkür der Behörden ausgeliefert. Jeder Schritt zur Verteidigung der LGBTI-Rechte würde zu einem Verbrechen werden. Einzelpersonen könnten unter dem unbegründeten Vorwurf des Extremismus ins Gefängnis geworfen werden, wenn der Staat sie einfach als Teil einer so genannten „internationalen öffentlichen LGBT-Bewegung“ betrachtet. Selbst Symbole wie die Regenbogenflagge könnten als extremistisch verboten werden.
Ein Leben im Schweigen und in Angst vor Demütigung und Gefängnis - das ist der Preis, den der Staat unzähligen LGBTI-Menschen in Russland auferlegen will. Dieser schändliche Schritt des Justizministeriums muss sofort zurückgenommen werden. Außerdem müssen alle homophoben Gesetze, die im letzten Jahrzehnt verabschiedet wurden, aufgehoben werden, und die Betroffenen müssen eine gerechte Entschädigung erhalten.“
Hintergrund
Der Antrag des Justizministeriums soll am 30. November vor dem Obersten Gerichtshof in einem nichtöffentlichen Verfahren verhandelt werden.
Die Anerkennung einer Organisation als „extremistisch“ hat schwerwiegende rechtliche Konsequenzen für alle, die an ihren Aktivitäten beteiligt sind. Dem*der „Organisator*in“ drohen gemäß Artikel 282.2 des Strafgesetzbuchs bis zu 10 Jahre Gefängnis. Nach demselben Artikel machen sich auch diejenigen strafbar, die sich an den Aktivitäten einer solchen Organisation beteiligen - und müssen mit zwei bis sechs Jahren Gefängnis rechnen.
Die Aufnahme in die „Extremisten“-Liste würde ein Verbot der Symbole der Organisation nach sich ziehen. Wer mit diesen Symbolen angetroffen wird, riskiert gemäß Artikel 20.3 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten eine Verwaltungshaft von bis zu 15 Tagen. Gegen Personen, gegen die wegen ihrer Beteiligung an „extremistischen“ Aktivitäten ermittelt wird oder die strafrechtlich verfolgt werden, werden in der Regel ihre Bankkonten gesperrt, und sie müssen mit Beschäftigungsbeschränkungen und der Einschränkung anderer Rechte rechnen, einschließlich eines mehr oder weniger langen Verbots, sich an Wahlen auf allen Ebenen zu beteiligen.