Der nigerianische Justizminister Bayo Ojo hat am 19. Januar 2006 einen Gesetzesentwurf vorgelegt, der sowohl die Beziehung oder Heirat zwischen Personen des gleichen Geschlechts unter Strafe stellt, als auch jede Art der Förderung oder Unterstützung der Rechte von Lesben und Schwulen (siehe: AI - Nigeria: Same Sex Bill Negates Nigeria’s Obligations to Fundamental Human Rights – AI Index AFR 44/013/2006).
Schon jetzt bestraft Nigerias Strafrecht im Kapitel 42, Absatz 214, homosexuelle Handlungen zwischen Erwachsenen mit 14 Jahren Gefängnis. Sexuelle Beziehungen zwischen Männern werden im gesamten Bundesgebiet strafrechtlich verfolgt. Nach dem Sharia-Strafrecht, das in den zwölf nördlichen Bundesstaaten geltendes Recht ist, wird Homosexualität mit dem Tod durch Steinigung bestraft. Der neue Gesetzesentwurf unter dem Titel „Same Sex Marriage Prohibition Act“ sieht fünf Jahre Gefängnis für jeden vor, der eine Beziehung mit einer Person des gleichen Geschlechts hat oder eine gleichgeschlechtliche Heirat durchführt, bezeugt und begünstigt. Ebenso unter Strafe gestellt werden die Registrierung oder der Unterhalt von Homosexuellen-Clubs, Vereinen und Organisationen. Der Gesetzesentwurf verbietet des Weiteren jegliche öffentliche und private Zurschaustellung von gleichgeschlechtlichen erotischen Beziehungen, ebenso die Adoption eines Kindes durch Lesben oder Schwule. Jeder, der solche Verbindungen unterstützt und ihnen behilflich ist, erhält die gleiche Strafe. Zusätzlich erklärt das Gesetz gleichgeschlechtliche formale Ehen für ungültig, die im Ausland geschlossen wurden.
Nigerias Staatspräsident Olusegun Obasanjo hat in einem Brief, der zu Beginn der Nationalversammlung am 29. März 2006 verlesen wurde, vom Parlament gefordert, dieses Gesetz umgehend zu verabschieden, weil „das Problem erst kürzlich aktuell und beschämend geworden war“.
Der Vorsitzende des Repräsentantenhauses Abdul Ningi bemerkte, dass das Problem der Homosexualität wegen der sich ständig vergrößernden Zahl der Schwulen und Lesben sehr beunruhigend geworden sei. Ningi forderte das Repräsentantenhaus auf, sofort mit der Debatte zu beginnen, was vom stellvertretenden Sprecher des Hauses, Austin Opara abgelehnt wurde, da der Gesetzesentwurf erst den gesetzgebenden Weg durchlaufen müsse, bevor er im Parlament debattiert werden könne.
Sollte der „Same Sex Marriage Prohibition Act “ in Nigeria erlassen werden, würde es sowohl grundlegende Freiheiten, wie auch die Aktivitäten von Menschenrechtsverteidigern und der Zivilgesellschaft, ernsthaft beschränken. Jeder, der aufgrund dieses Gesetzes inhaftiert würde, wäre ein „Gewissensgefangener“ (POC). Indem Diskriminierung instrumentalisiert wird, kann das außerdem als eine Aufforderung zu Gewalt gegen Lesben und Schwule in der gesamten Gesellschaft verstanden werden.
Menschenrechtsverteidiger in Nigeria sehen den Hintergrund für dieses Gesetz u.a. in der Straflosigkeit bei tätlichen Angriffen auf Homosexuelle. Indem die ohnehin drakonischen Strafen noch weiter verschärft werden, zeigt es ganz klar, dass intensive Vorurteile gegen Homosexuelle noch weiter geschürt werden sollen.
Der Gesetzesentwurf widerspricht der nigerianischen Verfassung und diversen internationalen Abkommen und Verträgen, die der nigerianische Staat unterzeichnet hat. Amnesty international hat zusammen mit 15 anderen Menschenrechtsorganisationen am 22. März 2006 in einem offenen Brief an Präsident Obasanjo seine tiefe Besorgnis über das vorgeschlagene Gesetz erklärt, das fundamentale Menschenrechte verletzt (siehe: „Open Letter to President Obasanjo“ vom 22.3.2006 AI Index: AFR 44/008/2006). Unter den Mitunterzeichnern des Briefes sind auch drei Menschenrechtsgruppen aus Nigeria, denen bei Umsetzung des Gesetzes Illegalität und deren Mitgliedern Strafe droht.
Der komplette Text der Nigeria Kogruppe von amnesty international mit Arbeitsvorschlägen und Adressen kann nachgelesen werden unter www.mersi-amnesty.de oder bei der Gruppe angefordert werden (amnesty-nigeria@gmx.de).
ai, Kogruppe Nigeria (2044)