In 38 afrikanischen Ländern stehen gleichgeschlechtliche sexuelle Handlungen bzw. Beziehungen unter Strafe. In Mauretanien, Sudan, Nordnigeria und Südsomalia droht Homosexuellen sogar die Todesstrafe. Seit einiger Zeit gibt es in einigen afrikanischen Ländern die Tendenz zu einer stärkeren Kriminalisierung von LGBTI-Personen. So haben Südsudan im Jahr 2008 und Burundi 2009 erstmals Verbote von gleichgeschlechtlichen sexuellen Handlungen eingeführt. In Uganda und Nigeria gibt es seit 2009 bzw. 2008 immer wieder parlamentarische Versuche, eine Verschärfung bereits bestehender gesetzlicher Verbote durchzusetzen.
Dabei sind LGBTI-Personen bereits jetzt tagtäglich Verfolgung und Diskriminierung ausgesetzt. In Kamerun werden Menschen immer wieder willkürlich verhaftet und angeklagt, weil jemand vermutet, dass sie homosexuell sein könnten. Von der Polizei werden sie misshandelt und von ihrer Familie verstoßen. Von den Medien bekannt gemacht und als mutmaßliche Homosexuelle denunziert, werden sie zur Zielscheibe für Übergriffe. Vergewaltigungen von Frauen, um sie von ihrer Homosexualität zu kurieren und Schikane sind keine Seltenheit. Dabei fühlen sich die TäterInnen umso mehr legitimiert, je öfter über eine Verschärfung bestehender Verbote diskutiert wird und führende PolitikerInnen und ReligionsvertreterInnen Homosexualität als unmoralisches, krankhaftes Verhalten darstellen.
Von Juni bis November 2012 wurden in Südafrika mindestens sieben LGBTI-Personen getötet, obwohl Südafrika zu den Pionieren beim Schutz der Rechte von LGBTI gehört. Südafrika war das erste Land der Welt, das 1996 Diskriminierung aufgrund sexueller Orientierung verbot und 2006 die gleichgeschlechtliche Ehe einführte. Dennoch scheint ein großer Teil der Gesellschaft diese progressive Gesetzgebung nicht nachvollzogen zu haben. Denn in kaum einem anderen afrikanischen Land gibt es so viele physische Übergriffe auf mutmaßliche LGBTI-Personen, die z.T. mit dem Tod enden. 80% der SüdafrikanerInnen lehnen Homosexualität ab und zwei Drittel würden die Verfassung diesbezüglich ändern.
Gesellschaftliche Ausgrenzung
Die Verfolgung hat auch eine soziale und wirtschaftliche Dimension. LGBTI wird z.T. medizinische Behandlung vorenthalten, weil das medizinische Personal befürchtet, wegen vermeintlicher Unterstützung von LGBTI selbst Opfer von Verfolgung zu werden. Besonders schwierig gestaltet sich für LGBTI zudem die Suche nach Arbeit, aber auch nach einer Unterkunft. Von der Gesellschaft ausgeschlossen laufen LGBTI Gefahr, in die Illegalität abzurutschen.
„1992 wurde ich vergewaltigt und dadurch mit HIV infiziert. Ich war 16… Ich habe versucht, heterosexuell zu werden. Zwei Jahre lang habe ich versucht, mit einem Mann eine Beziehung zu führen. Ich fühle mich in meinem eigenen Land wie ein Flüchtling. An meinem letzten Wohnort wurde ich von Menschen mit Steinen beworfen, mit denen ich früher befreundet war. Ich lebe ein Leben aus Lügen“ berichtet Stosh, ein Transgender Mann und LGBTI-Aktivist über sein Leben in Uganda.
Historisches Erbe
Der neue Bericht von Amnesty International zeigt, dass Liebe nicht unafrikanisch ist, sondern erst mit der Kolonialisierung kriminalisiert wurde. Doch während die ehemaligen Kolonialmächte abzogen und Verbote gleichgeschlechtlicher sexueller Handlungen und Beziehungen in den eigenen Ländern aufhoben, blieben die Verbote in den ehemaligen Kolonien bestehen. Über 40 afrikanische Ethnien tolerierten beispielsweise die Ehe zwischen zwei Frauen. Die Shona in Simbabwe akzeptierten Frauen, die sich als Männer fühlten sowie Männer, die sich als Frauen fühlten und hatten sogar eigene Worte für sie. Bei den Langi in Uganda wurden Männer auf Wunsch als Frauen angesprochen und durften Männer heiraten.
Positive Entwicklungen
Es gibt auch positive Entwicklungen. So hat Kap Verde 2004 das Verbot gleichgeschlechtlicher sexueller Handlungen abgeschafft. Mauritius, die Seychellen und São Tomé und Príncipe haben angekündigt, entsprechende Bestimmungen aufzuheben. Einige Länder wie Mosambik und Botswana haben Diskriminierung aufgrund sexueller Orientierung gesetzlich verboten.
Außerdem wird die Anzahl zivilgesellschaftlicher Akteure in Afrika, die sich für die Rechte von LGBTI einsetzt, beständig größer, denn entsprechend Artikel 1 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte sind alle Menschen frei und gleich an Würde und Rechten geboren.
Bild: Mary, eine offen lesbisch lebende Kenianerin, die mit ihrer Partnerin Kunsthandwerk herstellt, © Pete Muller