AMNESTY INTERNATIONAL INDONESIEN
„Die diskriminierende und sinnlose Belästigung von LGBTI-Menschen durch die Polizei, die sich gegen die Personen aufgrund ihrer tatsächlichen oder vermeintlichen sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität richtet, entbehrt jeder rechtlichen Grundlage. Die Festgenommenen müssen sofort freigelassen und alle Anklagen gegen sie zurückgenommen werden.
Niemand sollte wegen seiner tatsächlichen oder vermeintlichen sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität ins Visier genommen und verhaftet werden. Die Polizei sollte für die Sicherheit aller sorgen und nicht die Diskriminierung schüren.
Wir sind auch besorgt über die aufrührerischen und unzutreffenden Äußerungen von Gesetzgeber*innen und religiösen Gruppen im Zusammenhang mit dieser Razzia, die unter dem Deckmantel der „Verteidigung der öffentlichen Moral“ getätigt werden. Dies könnte die Diskriminierung von LGBTI-Personen verstärken, sowohl durch Strafverfolgungsbehörden als auch durch nichtstaatliche Akteur*innen.
Diese hasserfüllten Äußerungen sowohl von Beamt*innen als auch von religiösen Gruppen müssen gestoppt werden. Die indonesischen Behörden müssen alle diskriminierenden Praktiken gegen LGBTI-Personen beenden.“
Hintergrund
Lokale Medien berichteten am Dienstag, den 4. Februar 2025, dass die Polizei von Jakarta am Samstag (1. Februar) eine Razzia bei einer als „Schwulenparty“ bezeichneten Versammlung in einem Hotel in Süd-Jakarta durchführte und 56 Personen festnahm.
Drei von ihnen wurden als Tatverdächtige benannt und müssen gemäß Artikel 33 in Verbindung mit Artikel 7 des Gesetzes Nr. 44 aus dem Jahr 2008 über Pornografie sowie Artikel 296 des Strafgesetzbuchs (KUHP) über Obszönität mit einer Freiheitsstrafe von bis zu 15 Jahren rechnen.
Das Pornografiegesetz definiert Pornografie im weitesten Sinne, d. h. als Material, das gegen die guten Sitten der Gemeinschaft verstößt, und sieht eine Freiheitsstrafe zwischen vier und 15 Jahren für diejenigen vor, die solches Material herstellen, anbieten, verbreiten, finanzieren oder nutzen.
Zweideutig formulierte Gesetze zur Pornografie werden oft dazu ausgenutzt, gezielt LGBTI-Personen ins Visier zu nehmen und ihnen das Grundrecht auf Privatsphäre und das Recht, einvernehmliche Beziehungen einzugehen, zu verweigern.
Nach der Razzia äußerten sich die beiden größten religiösen Organisationen Indonesiens diskriminierend über Menschen. Ahmad Fahrur Rozi, ein Führer der Nahdlatul Ulama, bezeichnete das Ereignis als „ekelhaft“, während Anwar Abbas von Muhammadiyah behauptete, solche Aktivitäten könnten „zum Aussterben der Menschheit führen“. Derweil forderte der Parlamentsabgeordnete Atalia Praratya, dass die Verhafteten in eine „Rehabilitationseinrichtung“ geschickt werden sollten, um „ihre Sexualität zu heilen“.
Die Razzia erfolgte nur wenige Wochen nach der Razzia in einer Bar in Süd-Jakarta, die in der Silvesternacht als „Schwulentreffpunkt“ beschuldigt wurde. Die Polizei versiegelte die Bar und schloss sie im Januar endgültig.
Mit Ausnahme der Provinz Aceh, in der das islamische Strafgesetzbuch (Qanun Jinayat) gilt, sind einvernehmliche gleichgeschlechtliche sexuelle Handlungen nach der indonesischen Verfassung nicht illegal.
Am Montag, dem 3. Februar, forderte die Staatsanwaltschaft eine Strafe von 100 Peitschenhieben für zwei männliche Studierende, die beschuldigt wurden, in Banda Aceh, der Hauptstadt von Aceh, einvernehmlichen gleichgeschlechtlichen Geschlechtsverkehr gehabt zu haben. Es wird erwartet, dass das Scharia-Gericht sein endgültiges Urteil in diesem Fall in den kommenden Wochen verkündet. Am Dienstag, den 4. Februar, führte die Scharia-Polizei in der Stadt Lhokseumawe eine Hausdurchsuchung durch und verhaftete vier Männer, die angeblich gleichgeschlechtliche Beziehungen unterhielten.