AMNESTY INTERNATIONAL
Öffentliche Erklärung
AI-Index: AFR 59/5951/2022
Amnesty International verurteilt die Schließung der SMUG durch das NGO-Büro und ist der Ansicht, dass dieser Schritt der ugandischen Behörden gegen die Verfassung des Landes und die Verpflichtungen aus regionalen und internationalen Menschenrechtsabkommen zur Wahrung des Rechts auf Vereinigungsfreiheit verstößt. Das ugandische NGO-Gesetz von 2016 stellt hohe Anforderungen an die Beantragung von NGO-Genehmigungen und es ist unklar, welche Organisationen unter diese Regelung fallen.
Die SMUG versuchte, die Organisation gemäß Abschnitt 18 des Gesellschaftsgesetzes von 2012 zu registrieren. Vier Jahre später lehnte das Uganda Registration Services Bureau den Antrag der SMUG mit der Begründung ab, der Name sei „unerwünscht und nicht eintragungsfähig“. Diese Entscheidung wurde vor Gericht angefochten und am 27. Juni 2018 vom High Court of Uganda bestätigt.
Die Schließung der SMUG erfolgt vor dem Hintergrund einer kontinuierlichen Einschränkung des zivilgesellschaftlichen Raums und zunehmender Angriffe auf die Zivilgesellschaft in Uganda. Im August 2021 ordnete das NGO-Büro ohne Vorwarnung die Schließung von 54 Organisationen2 an und begründete dies damit, dass sie sich nicht an die NGO-Vorschriften hielten. Im Dezember 2020 verhafteten die Behörden Nicholas Opiyo, geschäftsführender Direktor von Chapter Four Uganda, unter dem Vorwurf der Geldwäsche. Die Vorwürfe gegen ihn wurden im September 2021 fallen gelassen.
In den letzten Jahren haben die SMUG und andere LGBTI-Organisationen gezielte Angriffe gegen LGBTI-Personen, einschließlich willkürlicher Verhaftungen und Morde, dokumentiert und angeprangert. Im Jahr 2021 verhafteten die ugandischen Behörden Dutzende von LGBTI-Personen und zwangen einige von ihnen zu HIV-Tests und unterzogen sie Analuntersuchungen3. Im Juli 2022 wurde Noah Matthew Kinono, eine non-binäre Person, von Unbekannten erstochen4 . Die SMUG behauptete, dass in den letzten vier Jahren mindestens drei LGBTI-Personen unter verdächtigen Umständen getötet wurden und die Polizei diese Angriffe noch nicht untersucht hat.
Im Vorfeld der Schließung der SMUG wurden zwei Mitarbeiter*innen der SMUG, die am 19. Mai auf der Polizeistation von Ntinda einen Sicherheitsvorfall melden wollten, verhaftet und unter anderem der „Förderung von Homosexualität“ beschuldigt5 . Sie wurden nach vier Tagen Haft wieder freigelassen. Im Juni traf das NGO-Büro zweimal mit SMUG-Vertreter*innen zusammen, um „den Rechtsstatus der Organisation zu klären, nachdem eine Reihe von Bedenken hinsichtlich der Tätigkeit der SMUG geäußert worden waren“, heißt es in der Erklärung.
Das Recht auf freie Meinungsäußerung und Vereinigungsfreiheit ist in den Artikeln 9 und 10 der Afrikanischen Charta der Menschenrechte und der Rechte der Völker garantiert, zu deren Vertragsstaaten Uganda gehört. Die Afrikanische Kommission für Menschenrechte und Rechte der Völker hat Leitlinien zur Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit, wie sie in der Afrikanischen Charta vorgesehen sind, herausgegeben, die den Staaten u.a. untersagt, Vereinigungen zu zwingen, sich registrieren zu lassen, um existieren und frei agieren zu können. Sie rät, dass nicht-angemeldete Organisationen nicht aufgrund ihres fehlenden formellen Status bestraft oder kriminalisiert werden sollten.
Amnesty International verurteilt den Missbrauch von Gesetzen und staatlichen Stellen zur Unterdrückung der Meinungs- und Versammlungsfreiheit. Die Arbeit der SMUG ist unerlässlich, um andere LGBTI-Organisationen vor Gewalt und Schikanen durch staatliche und nichtstaatliche Akteure zu schützen. Die SMUG spielt auch eine zentrale Rolle bei der Förderung von Gleichberechtigung und Nichtdiskriminierung, einschließlich des Schutzes der Rechte von LGBTI-Personen in Uganda.
Wir fordern die ugandischen Behörden auf, wirksame Maßnahmen zur Umsetzung der Resolution 275 der Afrikanischen Kommission für die Rechte der Menschen und Völker6 zu ergreifen. Darin werden die Vertragsstaaten der Afrikanischen Charta, zu denen auch Uganda gehört, aufgefordert, „Gewalttaten und Missbrauch, ob von staatlichen oder nichtstaatlichen Akteuren begangen, zu beenden, u.a. durch den Erlass und die wirksame Anwendung geeigneter Gesetze, die alle Formen von Gewalt verbieten und bestrafen, einschließlich solcher, die sich gegen Personen aufgrund ihrer vermeintlichen oder tatsächlichen sexuellen Orientierung oder geschlechtlichen Identität richten. Hierzu gehört auch die Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Untersuchung und sorgfältige Strafverfolgung der Täter*innen und die Einführung von Gerichtsverfahren, die den Bedürfnissen der Opfer gerecht werden. Amnesty International solidarisiert sich mit der SMUG und fordert die ugandischen Behörden auf, die Arbeit der SMUG zu ermöglichen, die gegen LGBTI-Personen gerichteten Maßnahmen dringend einzustellen und ein günstiges Umfeld für die Arbeit von LGBTI-Gruppen zu schaffen.