Hunderte von Menschen, darunter Amnesty International-Aktivisten aus 30 Ländern, nahmen an der feierlichen Riga Pride-Parade durch Lettlands Hauptstadt teil, vor Gegendemonstranten geschützt durch die Polizei. Ein ähnliches Event in Moskau wurde allerdings durch den Bürgermeister der Stadt zum dritten Mal in Folge untersagt. Und in der Türkei wurde die führende LGBT-Menschenrechtsgruppe Lambda Istanbul durch einen Gerichtsentscheid verboten.
Am Sonntag, den 1. Juni, inszenierten Menschenrechtsaktivisten in Moskau einen Protest gegen Bürgermeister Yuri Lazhovs Verbot: Sie hängten ein großes Banner aus dem Fenster eines Gebäudes in der Nähe des Büros des Bürgermeisters. Auf dem Banner stand „Rechte für Schwule und Lesben, homophober Bürgermeister Luzhov vor Gericht“.
Nach offiziellen Informationen wurden 36 Personen von der Polizei vorsorglich in Gewahrsam genommen. Keiner von ihnen wurde angeklagt. Mindestens ein Aktivist wurde attackiert und zu Boden getreten.
Seit Ende April hatten LGBT-Aktivisten im Büro des Bürgermeisters die Erlaubnis für eine Demonstration oder eine Veranstaltung beantragt. Laut Nikolai Alekseev, dem Hauptorganisator der Parade, wurden 155 Anträge eingereicht. Kein einziger wurde von den Behörden genehmigt.
Nach russischem Gesetz können Behörden eine öffentliche Versammlung nicht einfach verbieten, außer die Veranstaltung steht im Widerspruch zu den Gesetzen und der Verfassung der russischen Föderation. Die Behörde kann ein anders Datum oder einen anderen Ort vorschlagen und sie muss begründete Argumente vorbringen, warum sie diese Veränderungen vorgibt. Die Moskauer Verantwortlichen kamen dem nicht nach.
Am 29. Mai entschied das Dritte Zivilgericht im Bezirk Beyoglu in Istanbul in erster Instanz zugunsten einer Beschwerde aus dem Büro von Istanbuls Gouverneur und orderte die Auflösung von Lambda Istanbul an, einer Gruppe, die für die Menschenrechte von LGBT-Personen eintritt.
Die Beschwerde von Anfang des Jahres 2007 machte geltend, dass der Name und die Ziele der Gruppe die türkischen „moralischen Werte und Familienstrukturen“ beleidigen würden. Im Juli 2007 wies die lokale Staatsanwaltschaft die Beschwerde zurück, aber das Büro des Gouverneurs trug die Klage bis vors Gericht. Das Gericht setzte sechs Anhörungen an, ehe es das Urteil verkündete.
Türkische Behörden haben in den letzten Jahren auch andere LGBT-Organisationen unter Beschuss genommen. Im September 2005 klagte das Büro des Gouverneurs in Ankara die ortsansässige Gruppe KAOS-GL an, „eine Organisation aufzubauen, die gegen die Gesetze und Prinzipien der Moral steht“. In einem vergleichbaren Fall aus dem Juli 2006 versuchte das Büro des Gouverneurs von Ankara, die Menschenrechtsgruppe Pembe Havat (Pink Life) zu verbieten, die mit Transgender-Personen arbeitet, unter der Behauptung, die Organisation arbeite „Moral und Familienstrukturen“ entgegen. In beiden Fällen ließen Staatsanwälte die Anschuldigungen fallen.
Am 30 Mai brachte der Präsident des Europarates (PACE), Lluís Maia de Puig, seine Besorgnis über das Verbot von Lambda Istanbul zum Ausdruck.
„Die vorgebrachten Argumente der Staatsanwaltschaft, welche nach Berichten zur Schließung der Organisation Lambda Istanbul führten, deren Aktivitäten nachgesagt wurde, die öffentliche Moral zu verletzen, sind ein Rätsel für mich”, sagte Mr. de Puig.
„Meinungsfreiheit und Versammlungsfreiheit sind in der Europäischen Menschenrechtskonvention, die auch die Türkei als Mitglied des Europarates ratifiziert hat, gesetzlich verankert. Folglich hat jede Person, ob lesbisch, schwul, bisexuell oder transgender, das Recht auf Meinungsfreiheit und Versammlung, ohne diskriminiert zu werden. Es bleibt bei den Autoritäten, sicherzustellen, dass jeder Mensch diese Rechte ausüben kann,“ sagte Mr. de Puig.
Lambda Istanbul wird bis zu einer endgültigen Entscheidung des obersten Berufungsgerichts nicht verboten. Die Gruppe kann in der Zwischenzeit weiter arbeiten und hat bereits angekündigt, das Verbot vor Gericht anzufechten. Gemäß der Website plant Lambda eine Demonstration am Samstag, den 7. Juni.