Es ging uns bei der Auswahl darum, institutionalisierte Vorurteile beim Namen zu nennen. Sie sind, nicht nur an entfernten Orten (Robert Mugabe) oder in längst vergangener Zeit (Heinrich Himmler), immer wieder neu Anlass für Ausgrenzung, Diskriminierung und physischer Vernichtung: "Folterungen und Misshandlungen an Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transsexuellen werden auch aus Ländern berichtet, in denen Homosexualität nicht strafbar ist. Hier können beispielsweise institutionalisierte Vorurteile dazu führen, dass die genannten Personengruppen, wenn sie aus irgendeinem Grund mit der Polizei in Kontakt kommen, Opfer von Missbrauch, insbesondere von Vergewaltigungen und anderen sexuellen Gewaltakten, werden" (Zitiert aus: Für eine Welt frei von Folter Eine Kampagne von Amnesty International, Bonn 2000).
Natürlich ist nicht jeder Schwulenwitz eine Diskriminierung, jede Diskriminierung aber ein Angriff auf den Kern der Menschenrechtsidee. Und sie ist der Nährboden der Folter schlechthin: "Der Prozess der Entmenschlichung wird einfacher, wenn das Opfer (der Folter) aus einer verachteten gesellschaftlichen, politischen oder ethnischen Gruppe stammt" (a.a.O.).
Diskriminierende Äusserungen werden befremdlicherweise auch immer wieder von Institutionen verbreitet, denen ihr christlich-humanistisches Weltbild eigentlich mehr Bedachtsamkeit auferlegen sollte. Der zitierte Abschnitt aus dem "Katechismus der Katholischen Kirche" gehört in diese Kategorie. Zwar heißt es nur wenige Zeilen darauf "Man hüte sich, sie (= die Homosexuellen, d. Verf.) in irgend einer Weise ungerecht zurückzusetzen", doch läßt die von uns ausgewählte Textstelle angesichts ihrer Gewichtung und hervorgehobenen Platzierung keinen Zweifel darüber aufkommen, wie wenig den Verfassern des Katechismus an einer Bekämpfung jedweder Art von "Zurücksetzung" wirklich gelegen war. Dies wiegt um so schwerer, als in einigen Teilen der Welt, so z.B. in Lateinamerika, das Wort der Katholischen Kirche nach wie vor "Gesetz" ist.
Die willkürliche, gegen Homosexuelle gerichtete Auslegung der biblischen Geschichte von den "Sodomitern" wirkt lange nach. So lautet z.B. Artikel 204 des Strafgesetzbuches von Nicaragua (in der Fassung von 1992): "Wer sexuellen Verkehr zwischen zwei Personen desselben Geschlechts veranlasst, fördert, propagiert oder in skandalöser Form praktiziert, begeht Sodomie und wird mit ein bis drei Jahren Haft bestraft." Diskriminierung findet sich auch da, wo in neuzeitlicher Wissenschaftsgläubigkeit widerspruchslos die Suche nach dem "Homosexuellen-Gen" hingenommen wird. Warum kommt niemand auf die Idee, nach einem "Heterosexuellen-Gen" zu suchen? Mögen derartige Ambitionen auch gegenwärtig wohlmeinender Natur sein, wer garantiert, dass hier kein Umschlag erfolgt und werdenden Müttern nach praenataler Untersuchung nicht eines Tages empfohlen wird, "diesen kleinen genetischen Defekt beheben zu lassen. . . "