UA-Nummer: A-006/2020-1
AI Index: EUR 46/2011/2020
Sachlage
Die Künstlerin und Aktivistin Yulia Tsvetkova (Julia Zwetkowa) aus Komsomolsk-on-Amur ist seit März 2019 Zielscheibe von offen homofeindlichen Aktivitäten der Behörden, weil sie sich für die Rechte von Frauen und LGBTI einsetzt. Deshalb wird sie schikaniert und strafrechtlich verfolgt.
Am 22. November 2019 wurde Yulia Tsvetkova unter Hausarrest gestellt. Gegen sie wurde eine „Untersuchung“ wegen „Herstellung und Verbreitung von pornographischem Material“ eingeleitet, im Falle einer Verurteilung drohen ihr bis zu sechs Jahre Gefängnis. Der Grund für das Strafverfahren gegen sie sind von ihr gezeichnete Frauenakte.
Gegen Yulia Tsvetkova wird auch mit Hilfe des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten vorgegangen. Am 11. Dezember 2019 wurde eine extrem hohe Geldstrafe in Höhe von 50.000 Rubel (etwa 730 Euro) gegen sie verhängt, weil sie die Administratorin zweier LGBTI-Online-Communities ist. In der Begründung heißt es, dass auf den Online-Plattformen „Werbung für nicht-traditionelle sexuelle Beziehungen zwischen Minderjährigen“ gezeigt werde. Grundlage der gegen Yulia Tsvetkova angestrengten Verfahren ist die homofeindliche russische Gesetzgebung, die LGBTI-Personen offen diskriminiert und ihr Recht auf freie Meinungsäußerung verletzt.
Während des Hausarrests lehnte die ermittelnde Person mehrmals Yulia Tsvetkovas Bitte um einen Zahnarztbesuch ab. Am 13. März wurde die ermittelnde Person in ihrem Fall ausgetauscht und Yulia Tsvetkova konnte sich endlich einer Zahnbehandlung unterziehen. Seit der Gerichtsentscheidung vom 16. März befindet sie sich nicht mehr im Hausarrest und wird nicht länger von Polizist_innen zu den gerichtlichen Anhörungen begleitet. Sie unterliegt jedoch noch strengen Reisebeschränkungen.
Amnesty International begrüßt zwar die Aufhebung des Hausarrests von Yulia Tsvetkova und die Möglichkeit der notwendigen medizinischen Behandlung, wird sich aber weiterhin dafür einsetzen, dass sowohl die strafrechtlichen als auch die administrativen Verfahren gegen sie eingestellt werden.
Weitere Aktionen sind derzeit nicht erforderlich. Vielen Dank allen, die Appelle geschrieben haben.