"Queer & trans Art-iculations", eine Ausstellung der südafrikanischen Künstlerin Zanele Muholi, die Hassverbrechen gegen LGBTI in Südafrika dokumentiert hat. Wits Arts Museum, Johannesburg, März 2014 © Amnesty International
"Queer & trans Art-iculations", eine Ausstellung der südafrikanischen Künstlerin Zanele Muholi, die Hassverbrechen gegen LGBTI in Südafrika dokumentiert hat. Wits Arts Museum, Johannesburg, März 2014 © Amnesty International

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Vor gut einem Jahr entkriminalisierte Botswanas Oberster Gerichtshof Homosexualität. Für die LGBTI-Community ein großer Erfolg – doch dann kam Corona.

Von Malte Göbel

Etwas mehr als ein Jahr ist es her, dass Lesben, Schwule und Bisexuelle in Botswana feiern durften: Der Oberste Gerichtshof entschied einstimmig, dass das Verbot von gleichgeschlechtlichen Sexualakten verfassungswidrig sei. "Menschliche Würde wird verletzt, wenn Minderheiten marginalisiert werden", begründete Richter Michael Elburu damals das Urteil. "Sexuelle Orientierung ist menschlich, es ist keine Modefrage. Private Moral hat nichts mit Gesetzen zu tun. Der Staat kann nicht Sheriff in den Schlafzimmern der Menschen spielen." Ein "historisches Urteil", befand der US-Nachrichtensender CNN.

Das Gesetz hatte "fleischliche Handlungen gegen die Natur" mit bis zu sieben Jahren Gefängnis bestraft. "Homosexualität an sich war in Botswana nie verboten, aber durch die Strafandrohung gab es doch ein gesellschaftliches Stigma", erklärt Bradley Fortuin von der lokalen NGO LeGaBiBo (Lesbians, Gays, Bisexuals of Botswana), die die Klage unterstützt hatte.

Die Entkriminalisierung der Homosexualität sollte für LeGaBiBo der Startschuss sein für die Kampagne "Beyond the Rainbow", die in die Gesellschaft wirken sollte. "Wir wollen den Leuten klarmachen, dass die Entkriminalisierung von Homosexualität nicht nur LGBTIQ betrifft, sondern alle Menschen!", sagt Fortuin. "Alle können von diesem Gerichtsurteil profitieren, es geht ja um das Recht auf Privatheit, um grundlegende Menschenrechte für alle."

Doch dann kam Corona mit Lockdown und Kontaktbeschränkungen und großen Folgen für die Arbeit der NGO. "Wir mussten alle Veranstaltungen absagen", sagt Bradley Fortuin. "Natürlich haben wir versucht, so viel wie möglich davon online zu machen, aber es gibt noch kein 5G, und das Internet fällt manchmal aus." Selbst wenn es funktioniert: Das Netz kann persönliche Begegnungen nicht ersetzen. Minderheiten litten besonders unter dem Lockdown. Das gelte besonders für LGBTI-Personen, die von ihrer Familie, mit der sie zusammenleben, womöglich nicht akzeptiert werden. "Die Nachfrage nach unseren Beratungsangeboten hat sich verdoppelt, wir mussten zwei weitere Berater anstellen, um alles bewältigen zu können", sagt Fortuin.

Kaum Unterstützung

Der Staat hat die Community kaum unterstützt. "Wir haben von den öffentlichen Stellen eingefordert, dass sie sich auch um die LGBTI-Community kümmern. Meist wurde uns gesagt, man würde zurückrufen, aber dann meldete sich niemand." Also wurde LeGaBiBo selbst aktiv, schloss sich mit anderen Gruppen für Menschenrechte zusammen, etwa Frauenorganisationen, um eine eigene Covid Task Force zu gründen und eine Support-Hotline einzurichten.

Der Corona-Rückschlag schmerzt, denn bis dahin hatte sich für LGBTI in Botswana vieles gebessert: 2016 konnte sich LeGaBiBo gegen den Willen der Regierung offiziell als Verein eintragen lassen. Und 2017 erklärte das Oberste Gericht, dass transgeschlechtliche Menschen nach einer Geschlechtsangleichung auch ihren Personenstand angleichen dürfen.

In vielen afrikanischen Ländern werden Homosexualität und Transgeschlechtlichkeit stark tabuisiert und gelten als schädlicher Einfluss des Westens. 2019 entschied ein Gericht in Kenia, Homosexualität weiter zu verbieten. Das sei keine Diskriminierung, da das Gesetz nicht Menschen, sondern eine Handlung bestrafe. Zudem schütze es kenianische Werte wie Ehe und Familie, hieß es.

Anderswo gibt das Beispiel Botswana Hoffnung, etwa der Gruppe LGBT+ Rights Ghana. "Wir haben den Prozess genau beobachtet", sagt der Vorsitzende Alex Kofi Donkor. "Und wir verfolgen die gleiche Strategie: Erstmal wollen wir uns als Verein eintragen lassen, der sich für die Menschenrechte von LGBTQ-Menschen einsetzt." Anfang August wolle man die Unterlagen einreichen. "Und wenn das abgewiesen wird, gehen wir vor Gericht." Er hofft, dass das bereits eine Diskussion in der Öffentlichkeit auslöst, die auf die Grundrechte der Menschen abzielt. Im nächsten Schritt gehe es dann um die Abschaffung der Gesetze, die gleichgeschlechtlichen Sex verbieten.

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